Debitoren- und Kreditoren-Buchhaltung
Written by Philipp Stirnemann on Mai 17, 2023 in Finanzbuchhaltung

Wissen Sie, welche Zahlungsfristen aktuell für Ihre Geschäftspartner gelten? Wenn nicht, stehen Sie mit dieser Erkenntnis nicht allein da. Eine solche Einstellung kann jedoch negative Konsequenzen haben. Zahlungsbedingungen, die nicht gemanaged werden, können die Unternehmensliquidität beeinträchtigen und so letztlich zu einem höheren Finanzaufwand führen. Niemand möchte bestehende Geschäftsbeziehungen gefährden oder wegen Zahlungsunfähigkeit Konkurs anmelden. Erfahren Sie in diesem Artikel, wie Sie Ihre Buchhaltung optimieren können, indem Sie Eingangs- und Ausgangsrechnungen effektiv managen, Debitoren und Kreditoren verwalten und in Ihren Geschäftsberichten darstellen. Profitieren Sie von praxisnahen Fallbeispielen und optimieren Sie die Unternehmensliquidität.

Methoden zur Führung von Debitoren und Kreditoren

Buchungen der Eingangs- und Ausgangsrechnungen können Sie mit zwei bewährten Methoden führen:

Methoden der Rechnungsbearbeitung

In aller Kürze möchten wir Ihnen die Unterschiede zwischen den beiden Vorgehensweisen und ihre Vorteile vorstellen.

Offenpostenbuchhaltung

Bei der Offenpostenbuchhaltung werden die Rechnungen nicht im klassischen Sinne verbucht, sondern lediglich in Bezug auf Geldzu- und -abflüsse erfasst. Üblicherweise werden am Monatsende die Belege zusammengefasst und die entsprechenden Buchungen vorgenommen. Zahlungseingänge werden als Einnahmen und Zahlungsausgänge üblicherweise als Aufwände erfasst. Forderungen oder Verbindlichkeiten werden vermieden.

Vorteile der Offenpostenbuchhaltung

Hauptpunkt: Sie ist einfach und zeitsparend! Die Offenpostenbuchhaltung findet eine breite Anwendung speziell bei kleineren Betrieben, deren Anzahl der Kunden- und Lieferantenbelege überschaubar ist. Kundenrechnungen werden bei dieser Methode üblicherweise entweder in einem separaten Auftragsbearbeitungsprogramm oder von Hand geführt.

Debitoren- und Kreditorenbuchhaltung

Bei der zweiten Methode – der Debitoren- und Kreditoren-Buchhaltung – werden Rechnungen an Kunden und von Lieferanten i.d.R. zweistufig erfasst. Die erste Verbuchung erfolgt umgehend bei der Ausstellung bzw. dem Erhalt der Rechnung, die zweite wird bei Ausführung der Zahlung erledigt. In der Debitoren- und Kreditoren-Buchhaltung wird für jeden einzelnen Kunden oder Lieferanten ein Konto geführt, mit dessen Hilfe alle Bewegungen (Rechnungen, Zahlungen) verbucht werden.

Vorteile der Debitoren- und Kreditorenbuchhaltung

Als grösster Vorteil dieser Methode gilt die hohe Transparenz bei Eingangs- und Ausgangsrechnungen. Dieser Anspruch macht Sinn, wenn die Zahl der Kunden- und Lieferantenbelege relativ gross ist und die Verbuchung der Rechnungen automatisch geführt wird.

Expertentipp!

Sie fragen sich jetzt wahrscheinlich, welche Buchhaltungsmethode Sie laut Gesetz führen müssen. Grundsätzlich gilt als einziges Entscheidungskriterium gemäss Art. 957 OR «die Zweckmässigkeit mit Blick auf die Art und Grösse des Unternehmens». Die Anzahl der Belege sowie die Grösse und Komplexität des Unternehmens spielen dabei eine Schlüsselrolle. Die Wahl der Methode obliegt somit allein Ihnen.

Darstellung von Debitoren und Kreditoren in Geschäftsberichten

Eingangs- und Ausgangsrechnungen werden in unterschiedlichen Bereichen der Bilanz ausgewiesen.

Ausgangsrechnungen

Zu einer Ausgangsrechnung hat Ihr Unternehmen einem Kunden Waren geliefert oder Dienstleistungen erbracht und stellt daraus eine Rechnung. Es entsteht eine Forderung gegenüber dem Kunden. Die offenen Debitorenforderungen werden spätestens beim Jahresabschluss auf der Aktivseite der Bilanz als Teil des Umlaufvermögens im Konto «Forderungen aus Lieferungen und Leistungen (FLL)» bilanziert. Der typische Buchungssatz lautet in diesem Fall wie folgt:

Soll Haben
Forderungen aus LL Umsatzerlöse

Eingangsrechnungen

Für offene Rechnungen von Ihren Kreditoren gilt: Sie werden auf der Passivseite der Bilanz als Teil des kurzfristigen Fremdkapitals im Konto «Verpflichtungen aus Lieferungen und Leistungen (VLL)» ausgewiesen. Kreditoren gelten für ein Unternehmen als externe Zulieferer oder Erbringer von Dienstleistungen. Waren oder Dienstleistungen werden dafür im Voraus geliefert. Die Kreditoren stellen für Ihr Unternehmen somit Schulden dar, die später durch die Bezahlung der Rechnung beglichen werden.

Der typische Buchungssatz lautet in diesem Fall wie folgt:

Soll Haben
Kosten / Vorräte / Anlagevermögen Verbindlichkeiten aus LL (VLL)

Die Zusammenhänge zwischen den Konten, die bei der Debitoren- und Kreditorenbuchhaltung auftreten, können Sie den Tabellen unten entnehmen.

Die Zusammenhänge zwischen den Konten

Wichtig!

Die Höhe der FLL und VLL steht im direkten Zusammenhang mit dem «Free Cashflow» (FCF), also dem freien Kapital, das Ihrem Unternehmen zur Verfügung steht.

Effektives Debitoren- und Kreditorenmanagement zur Optimierung der Unternehmensliquidität

Die folgenden Beispiele sollen Ihnen eine Vorstellung vermitteln, wie Sie die Liquidität Ihres Unternehmens durch eine effiziente Verwaltung und Optimierung der Forderungen und Verbindlichkeiten verbessern können.

2 Statements der Kreditoren- und Debitorenmanagement

Statement 1. Je später Ihre Kunden die von Ihnen ausgestellten Rechnungen begleichen, desto höher ist die Belastung auf den Cashflow Ihres Unternehmens.

Angesichts der Regel gilt Folgendes:

Wenn Sie Ihrem Kunden eine Zahlungsfrist gewähren, liefern Sie ihm Waren oder erbringen Leistungen im Voraus. Die Zahlung erfolgt erst zu einem späteren Zeitpunkt. Ihr Unternehmen kann daher keine notwendigen Ressourcen, die für weitere Aufträge benötigt werden, aus diesen Einnahmen erwerben. Denn sie sind zwar verbucht, aber tatsächlich noch nicht eingegangen. Diese Finanzlücke müssen Sie möglicherweise durch andere Finanzquellen schliessen. Sie fungieren also als Kreditgeber für ihren Kunden, indem Sie einen kurzfristigen Kredit in Sachform zur Verfügung stellen.

Wichtig!

Zur Bemessung der Höhe des Debitorenbestandes kommt häufig die Kennzahl «Debitorenziel» zum Einsatz, die sich mit folgender Formel berechnen lässt:

Debitorenziel (in Tagen) = 360 / (jährliche Umsatzerlöse / durchschnittl. Debitorenbestand)

Diese Kennzahl zeigt auf, wie viele Tage es im Schnitt dauert, bis die ausgestellten Rechnungen beglichen werden. Es wird empfohlen, ein durchschnittliches Zahlungsziel von 35 bis 45 Tagen nicht zu überschreiten

Statement 2. Je länger die Zahlungsfrist ist, die Ihnen Ihr Lieferant gewährt, desto positiver wirkt sich das auf die Liquidität Ihres Unternehmers aus.

Folgende Regel gilt:

In diesem Fall befinden Sie sich in der umgekehrten Situation: Ihr Lieferant liefert Ihnen die Waren oder erbringt Leistungen, die Sie erst in der Zukunft bezahlen müssen. Er fungiert also als Gläubiger, der Ihnen einen kurzfristigen Kredit in Sachform bereitstellt.

Wichtig!

Für die Bemessung der Höhe des Kreditorenstandes kommt häufig die Kennzahl «Kreditorenziel» zum Einsatz, die sich nach folgender Formel berechnen lässt:

Kreditorenziel (in Tagen) = 360 / jährlicher Wareneinkauf / durchschnittl. Kreditorenbestand

Diese Kennzahl stellt dar, wie viele Tage sich ein Unternehmen durchschnittlich Zeit lässt, bis es seine Rechnungen aus Warenlieferungen und erhaltenen Leistungen begleicht.

Verbindlichkeiten gegen Lieferanten und Banken können gegenseitig ausgeglichen werden. Das erlaubt Ihnen, die Betriebskosten zu optimieren.

Um die Unternehmensliquidität zu verbessern, empfiehlt es sich, folgende Faustregeln beim Debitoren- und Kreditorenmanagement zu beachten:

  • Bei der Zusammenarbeit mit den Kunden sollten sie versuchen, die von Ihnen gewährte Zahlungsfrist zu minimieren oder, wenn möglich, eine Anzahlung zu fordern.
  • Eine Verlängerung der Zahlungsfristen bei Ihren Lieferanten sollte Ihre Unternehmensliquidität erheblich verbessern. Sie können auf diese Weise bspw. einen bestehenden Bankkredit ausgleichen und so den Finanzaufwand reduzieren.
  • Achten Sie darauf, dass das Debitorenziel das Kreditorenziel nicht deutlich unterschreitet. Zum einen wirkt es sich negativ auf den «Free Cashflow» (FCF) aus. Zum anderen gilt es als Hinweis, dass Ihr Unternehmen keine starke Marktposition vertritt und deshalb nicht in der Lage ist, vorteilhafte Zahlungsfristen zu verhandeln. Investoren und Banken ziehen das bei möglichen Entscheidungsfindungen in Betracht.

Haben Sie das Gefühl, dass Sie sich bei einigen Aspekten dieses Themas nicht hundertprozentig sicher fühlen? Dann sind Sie definitiv nicht der Einzige. Wenn Sie also Probleme über die Debitoren- und Kreditorenbuchhaltung in professionelle Hände übergeben möchten, steht Ihnen unser professionelles Treuhand-Team gerne zur Verfügung.

2 Comments
Roger Abderhalden

August 16, 2023 @ 16:24

Reply

Besten Dank für den ausführlichen Artikel. Ich habe jedoch eine Frage: Wenn mir der Lieferant die Wahl gibt A) früher zu zahlen und zu einem tieferen Preis einzukaufen, oder B) später zu zahlen zu einem höheren Preis, scheint sicherlich die erste Option die beste, besonders wenn ausreichend liquide Mittel vorhanden sind. Kommt es in der Praxis häufig vor, dass man sich fremd finanziert, um früher zu einem tieferen Preis zahlen zu können? Vielen Dank im Voraus für Ihre Kommentare.
Viele Grüsse

Philipp Stirnemann

August 17, 2023 @ 18:06

Reply

Hallo Roger
Vielen Dank für Ihr Feedback und Ihre berechtigte Frage. Aus unserer Erfahrung ist es keine Seltenheit, dass Unternehmen durch erhaltene Fremdfinanzierung bessere Einkaufspreise aushandeln können. Ausschlaggebend ist der Unterschied zwischen dem, was man durch den besseren Einkaufspreis spart, und den Kosten, die man dem Kapitalgeber (inklusive Nebenkosten) zahlen muss. Der Unterschied sollte deutlich positiv ausfallen, sonst ist dieser Trick nicht der Mühe wert.

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